Montag, 9. April 2012

Im Ruhrpott

Von Matti. Der einzig Motivierte hier. Viel Spaß

Im Ruhrpott


Vom 12.03. bis 14.03. war ich von der Uni aus auf einer Exkursion. Es ging ins Ruhrgebiet.
Die Exkursion war eine Abschlussveranstaltung zur Sondervorlesung über thermische
Abfallbehandlung, vorgetragen und geleitet von den Professoren Vater und Sohn Igelbüscher.
Die beiden sind bei ThyssenKrupp tätig, kommen einmal im Jahr aus Duisburg [düsbuich]
nach Dresden und organisieren dann die Exkursion. ThyssenKrupp ist eigentlich für seinen
Stahl bekannt, muss aber auch die anfallenden Abfälle nachbehandeln und so wurde uns
gelehrt, wie Klarschlämme und Co. verwertet werden und wie dafür gesorgt wird, dass dabei
die Umweltauflagen eingehalten werden. Die Vorlesung war eigentlich freiwillig, da wir aber
auf die Exkursion ins Ruhrgebiet nicht verzichten wollten, haben wir die – eigentlich für
Abwallwirtschaftler gedachte – Veranstaltung besucht. Von der Exkursion will ich euch hier
berichten.Vorne weg: In meinem Kopf ist es ein spannender Bericht… Mal gucken, wie es in
Schriftform aussieht.



Los ging es in Dresden am Montagmorgen um 5.30Uhr. Die Hinfahrt war recht
unspektakulär. Hab ein wenig geschlafen, Musik gehört, am Zauberwürfel gedreht und
gelesen. Ungefähr 13Uhr kamen wir in Elverlingsen an und besuchten ein Kraftwerk. Es
produziert Strom unter anderem aus Klärschlamm, also Abfällen. Nach einem kurzen Vortrag
über den Standort besichtigten wir das relativ kleine Kraftwerk. In einem ca. 100 Meter hohen
Wirbelschichtreaktor wurde der Abfall verfeuert. Obwohl das Gelände überschaubar war,
waren die Anlagen doch sehr beeindruckend. Der Reaktor dehnt sich beim Anfahren aus dem
Kalten um einen Meter aus. Er hängt in einem Gerüst und so kann man am Fuße der Halle
sehen, wie sich der Reaktor nach unten ausdehnt. Auf dem Dach des Gebäudes hat man die
Bewegungen der Maschinen gespürt – krass. Anschließend ging es „immer der Nase nach“
zur Bioabfall-Annahmestelle. Das war es dann auch schon. Wirklich interessant. Vor allem,
wenn man bedenkt, dass solche herkömmlichen Kraftwerke einen Wirkungsgrad von
ungefähr 40% haben. Das heißt 60% der Energie, die reingesteckt werden, gehen einfach
verloren. Der Wert ist aber typisch für Kraftwerke. Ich glaube das Beste hat einen
Wirkungsgrad von gerade einmal 44%. Beeindruckend sind dafür andere Betriebsparameter.
Ein (fast) in sich geschlossener Wasserkreislauf und geringe Schadstoffkonzentrationen in der
Luft belegen einen hohen Stand der Technik.

Jedenfalls ging es anschließend zu unserer Unterkunft in die Jugendherberge in Düsseldorf.
Eine wirklich interessante Stadt. Auf der Hinfahrt sind wir mitten in der Stadt auf einer
größeren Verkehrsinsel auf wilde Kaninchen gestoßen. 10 Hoppelhäschen mitten in der Stadt.
Voll knuffig. Gerade angekommen, ging es dann gleich zum Abendessen (nichts Großartiges,
nicht einmal Bananen ^^). Als 8 Mann starke Gruppe sind wir dann gegen 20Uhr die Stadt
unsicher machen gegangen. Erst in eine kleine familiäre Bar. Wir wurden schnell als Ossis
identifiziert und so lief dann den Abend über Kraftklub („Iiiiiiiiich komm aus Karl-Marx-
Stadt“). Nach 7x4 Altbier und 2 Cola ging es dann zu weiter in die Stadt. Vorbei an Porsche,
BMW und Audi. Ich habe nicht ganz Düsseldorf gesehen, deswegen gehe ich davon aus, dass
wir einfach nur in einem Bonsen-Viertel untergebracht waren. Jedenfalls landeten wir in einer
Fortuna 95 – Vereinskneipe. Jeder noch einmal 4 Bier bzw. 2 Cola (ich ließ mich ziemlich
gehen ^^) traten wir Mitternacht die Heimreise in die Herberge an – unfreiwillig. Der Wirt
meinte das Fass sei leer. Aber da es Montag war, wollte er wahrscheinlich nur Feierabend
machen. Und da außer uns und einer von Tantra-quatschenden Engländerin keiner da war,
gingen wir. In der Jugendherberge wurde dann aber noch mal der Zapfhahn beansprucht. Man
muss dazu sagen, dass Alt in 0,2 Liter Gläsern ausgeschenkt wird, deshalb war es im Ganzen
nicht ganz so viel Bier, wie es sich anhört. Ein bis dahin gemütlicher Abend neigte sich dem
Ende zu. Einer der anderen 7 musste dann ständig auf mir rumhacken, warum ich denn nichts
trinke, ein anderer wollte dagegen gar nicht mehr aufhören zu trinken und der Rest war
einfach nur fertig. 2Uhr Schlafenszeit, 4 Mann im Zimmer, das Alt zeigte Wirkung -> man
konnte die Luft schneiden. Und übrigens: in Düsseldorf haben auch Fußgängerampeln
„Gelb“. Aber kein Männchen, so wie bei „Rot“ und „Grün“, sondern einfach nur einen
Querbalken. Trotzdem war das hilfreich, wenn man aus dem Tiefstart gleich los wollte.
7.30Uhr morgens: Frühstück mit verkaterten Leuten. Aber so richtig fitt war ich natürlich
auch nicht. Am Nebentisch saß ne Horde Mädels, die wohl von Lidl kamen und irgendwelche
Maschinenbauer mit rassistischen Kommentaren. Aber an sich war das Frühstück okay. Und
dann Werksbesichtigung von ThyssenKrupp Steel. Eine Industrieanlage so groß wie Forst.
Mit eigenem Hafen, Schienen- und Busverkehr. Doch zuerst wurde uns ein „Propaganda-
Video“ gezeigt. Wie umweltfreundlich ThyssenKrupp doch sei. Mit tanzenden Mitarbeitern
auf einer grünen Wiese vor der Fabrik. Logischer Weise kein Wort zu Kriegsausrüstung…
Wir besuchten Hochöfen und ein Walzwerk. Gigantisch, einfach nur riesig. Die Walzhalle
hatte eine Länge von 1 Kilometer. Alleine nur das Stahlwalzen. Dabei liefen die massiven
heißen Stahlblöcke nur wenige Meter direkt vor uns über ein Laufband – aus 15 Meter
wurden 65 Meter. Unvorstellbar beeindruckend, wenn man flüssiges Roheisen aus einem
Hochofen rausfließen sieht. Am Hafen wurden tausenden Tonne Kohle und Stahl umgelagert,
einen Wasserbedarf, doppelt so groß wie der vom Bundesland Bayern, hinterließen
spektakuläre Bilder in meinem Kopf. Einziges Manko: Erbsensuppe im Werkswirtsheim.
Kein kraftgebendes Schnitzel.

Dann ging es weiter zur Recylingsanlage Hartmuth. Weit weniger groß, aber genauso krass.
Wirbelbettreaktor, Rauchgasanlage und Kontrollzentren in der Realität zu sehen, muss
einfach mal sein.
Der Ablauf des Abends war klar: In die Stadt, Sky-Bar suchen und FC Bayern gegen FC
Basel gucken. Wir wechselten die Rheinseite und besuchten die Innenstadt. Ein Hammer was
da los war. Und es war Dienstag! Wir kamen auf eine sehr belebte, bunte Straße. Beim ersten
Fernseher blieben wir stehen und checkten Preis und Platzangebot. Ungenügend -> weiter
gegangen und 20 Meter weiter ein anderes gefunden. Zu teuer -> 10 Meter weiter einen Irish
Pub der in die engere Auswahl kam. Wir gingen nur wenige Schritte weiter. Ab hier hatte
jedes Lokal, auf beiden Seiten der Straße, mindestens einen, im Schnitt zwei Fernseher
draußen stehen. Also zurück in den Irish Pub. Voll aber gemütlich. Die Kellnerin kam und es
gab die übliche Runde: 7 Bier und ne Coke. Einer fing an die Runde auszugeben und so stand
eins fest: es muss mindestens 8 Runden geben, damit jeder Mal ausgibt, nur 4 schafften wir
während Fußball lief. Der Abend war einfach nur klasse. Ein schönes Spiel mit einem 7:0 für
den richtigen FCB und die Erkenntnis: wenn man als einziger unter 8 Mann kein Bier trinkt,
fällt man auf. Und so schenkte mir die Kellnerin (Lisa) jedes Mal ein Lächeln und beim 4.
Mal ein mitleidiges „Und für den Fahrer die Cola“. Nicht oft, dass das so hingenommen wird,
wie sich auch noch an dem Abend herausstellte. Wie gesagt, zur Halbzeit unserer Ausgebe-
Runde zogen wir weiter. In einer Seitenstraße fanden wir „Peters Diebels Treff“. Eine kleine
Bar mit einem Suffi davor und einem sich verschlingendem Paar in der Ecke. Es gab 1 MeterAlt für 15 Euro. Heißt: eine 1 Meter lange Box mit 11 Bier. 4 Runden, eine setzte ich aus und
dann wurde 2 Mal meine Cola vergessen. Also nicht beim Bestellen, der Wirt ließ sie einfach
unter den Tisch fallen. Mit einem „Ach ja, der Fahrer.“ Brachte er dann doch die
„ungewöhnliche“ Bestellung. Ein wirklich netter Kerl. Er unterhielt sich mit uns und gab uns
einen Korn mit Brausepulver aus (ich bekam 4cl Wasser). Zusammen mit seinem lallenden
Freund, dem Suffi, erzählt er uns dann, was am Wochenende auf der Straße so abging:
Junggesellenpartys mit Schlägerei und Messerstechereien von Leuten mit
Migrationshintergrund. Ihm tat es irgendwie Leid diesen Ausdruck benutzen zu müssen, aber
er fand keinen toleranteren Ausdruck und hatte wie viele Angst, einfach Türken und Russen
zu sagen.

Nach der 8.Runde (inzwischen 1Uhr morgens) gingen wir zurück und kamen an einem
Pommesladen vorbei. Mein Zimmergenosse bestellte sich Pommes mit Zwiebeln. Eine
ungewöhnliche, aber wohl sehr leckere Konstellation. Eigentlich wollten wir mit der U-Bahn
zurück fahren, aber Bahnwächter ließen uns mit Essen nicht fahren (wir hatten eh keine
Fahrkarten). Was einen unserer Gruppe ziemlich aufregte. Er beschimpfte sie den ganzen 20
minütigen Weg über. Vor der Jugendherberge liefen uns dann wieder die Häschen über den
Weg.
Die Nacht war wieder kurz und wieder von Bier und diesmal auch noch Zwiebeln geprägt.
Am nächsten Morgen hieß es dann 8.30Uhr Abfahrt, Werksbesichtung und Heimreise. Wir
besichtigten eine Müllverbrennungsanlage. Das heißt eigentlich nur von außen. Die Reaktoren
standen wegen Revision still. Aber selbst die Lager für den Müll waren beeindruckend. Uns
wurde ein Tor geöffnet und wir sollten vorsichtig mal reinschauen. Eine riesige Halle voll mit
Sperrmüll. Wie wir so wie durch ein kleines Fenster in einen gigantischen Mülleimer
schauten kam ganz langsam von oben ein Polypen-Kran heruntergefahren. Jeder seiner 8
Greifer so breit wie ein Auto. Also was heutzutage alles möglich ist, ist wirklich
beeindruckend.

Es war unsere letzte Station. 5 meiner 7 Kumpels sind dann von der Anlage aus gleich
Richtung Amsterdam weiter. Sie wollten von Anfang an ihren Trip verlängern. Ich wusste
davon, konnte aber zeitlich nicht. Was ich aber nicht wusste, dass es einem bewusst
verschwiegen wurde, damit er nicht mitfährt. Dazu komme ich gleich. Die Exkursion schloss
mit Schlafen und Skat spielen im Bus ab.

Zum Zwischenmenschlichem: Die 7 Leute, die seit Studienbeginn hier meine Kumpels sind,
sind alle voll okay. Aber ich finde die Freundschaft etwas zu oberflächlich. Man weiß nicht,
was persönlich gemeint ist und was als witziger Seitenhieb gedacht war. Ein Beispiel ist die
Nicht-Akzeptanz meines Nicht-Alkoholkonsums. Ich mag sie alle und es hat großen Spaß
gemacht mit ihnen diese „Klassenfahrt“ zu erleben. Aber meine besten Freunde werden wohl
immer aus Forst kommen. Und das wurde mit dem Ausschluss des einen unterstrichen. Ich
finde ihn auch etwas überheblich. Aber so ist er halt und wir kommen klar und mit ihm Skat
Spielen hat auch Spaß gemacht. Und ich muss mich deswegen nicht verstellen. Jedenfalls
erfuhr ich Montag, dass ich Amsterdam nicht erwähnen soll, weil er nichts weiß. Und seit
dem frage ich mich, ob mir etwas verschwiegen wurde und/oder wird. Nicht, dass ich Angst
habe, etwas zu verpassen; sollen die machen, aber es enttäuscht ein wenig. Es sind alles
wirklich spitzen Typen und ich vertrauen denen auch, aber so richtig öffnen und fallenlassen
kann ich mich bei denen nicht.
Zusammenfassend eine wirklich tolle Exkursion. Ich kann alles empfehlen: Von
Werksbesichtigungen bis Düsseldorf und Jugendherberge war alles sehr schön. Wer die
Möglichkeit sollte sie ergreifen.
Viel Spaß

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